Jede räumliche Objektstruktur benötigt einen digitalen Zwilling
Die Herausforderungen im technischen und infrastrukturellen Gebäudemanagement sind bereits heute sehr groß und werden zukünftig weiter steigen. Das betrifft nicht nur die Bereiche Flächenmanagement, Instandhaltungsmanagement, Störmeldemanagement, Reparaturmanagement oder Reinigungsmanagement, sondern auchein analytisches Energiemanagement und umfassende Maßnahmen im Sinne der ESG-Anforderungen (Environmental, Social und Governance) sind zu etablieren.
Ein zukunftsorientiertes Gebäudemanagement kann dem Bündel an Aufgaben nur auf Basis von digitalen Zwillingen gerecht werden. Dieser Zwilling stellt ein digitales Abbild eines real existieren Objektes dar und kann dadurch ein umfassendes Bild über Gebäudestrukturen, technischen Anlagen, Inventar, Energieverbraucher, Funktions-, und Flächenarten wiedergeben. Auf dessen Basis können zeitnah Modelle für Umbau oder Neubaumaßnahmen simuliert und geplant oder Lebenszyklen von Objekt-, und Anlagenstrukturen analysiert werden. Ein weiterer großer Vorteil ist der übergreifende Datentausch, welcher es ermöglicht, Informationen in kürzester Zeit für unterschiedliche Objektbeteiligte (Eigentümer, Nutzer, Energieversorger, Architekten, Wartungsfirmen, etc.) bereit zu stellen/abzugleichen. In diesem Zusammenhang könnten, zum Beispiel, Daten auf Basis der BIM-Methode oder CAFM-Connect auf einfachste Art + Weise übergeben und abgeglichen werden.
Wie erstelle ich einen digitalen Zwilling und wie sollte ich Objektstrukturen aufbauen?
Wenn man sich den Bereich Neubau und dort die Teilaufgaben „Planung“ und „Bau“ eines Gebäudes ansieht, findet man bereits ganzheitliche Ansätze um Objekte auch für die mit Abstand längste Phase eines Gebäudes, die Betriebsphase/Nutzungsphase, zu unterstützen. An der Stelle wird von Architekten und Ingenieuren die BIM-Modellierung verwendet. Diese soll es ermöglichen die Daten auf einfache Weise über alle Lebenszyklusphasen hinweg austauschen zu können. Erreicht wird das Ziel mit der digitalen Modellierung, Erfassung und Kombination aller relevanten Bauwerksinformationen.
Liegen diese Daten nicht vor, was im Gebäudestand leider häufig der Fall ist, ist es notwendig Bauwerks-, und Anlagenstrukturen zunächst digital zu erfassen.
Hier stellt sich die Frage: Wie strukturiere ich zunächst die Gebäudestrukturen?
Gebäude können aufgrund ihrer aktuellen oder späteren Nutzung , aus unterschiedlichen Strukturen bestehenden. Beispielsweise besitzt eine Lagerhalle keine einzelnen Etagen oder auch nur einzelne Räume. Ein Büro-, oder Wohngebäude hingegen besteht aus mehreren Etagen und Einheiten sowie Räumen . Hinzu kommen gemischt genutzte Immobilien und Sondergebäude wie Hochschulen, Messe-, und Veranstaltungshallen, Sozialeinrichtungen mit zugehörigen Werkstätten, Zoo-, und Tierparkanlagen und vieles mehr.
Der Begriff „Raumbuch“ ist beim Aufbau digitaler Gebäudestrukturen insofern relevant, als dass er sich in der Fachwelt des Immobilienmanagements etabliert hat. Der VDI (Verband Deutscher Ingenieure e.V.) hat mit der Richtlinie VDI 6070 ein gut strukturiertes Leitwerk für die allgemeinen Anforderungen an ein Raumbuch erarbeitet.
Laut VDI 6070 kann es folgende Objektstrukturen/Objektklassen im Bereich der räumlichen Strukturen geben:
Eine vereinfachte, praxisnahe Strukturierung von räumlichen Strukturen kann laut VDI 6070 folgendermaßen klassifiziert werden:
Klassenbezeichnung | Abkürzung/Präfix für das digitale Raumbuch | Gehört zu |
---|---|---|
Liegenschaft | L | |
Außenanlage | AA | Liegenschaft |
Gebäude | GB | Liegenschaft |
Gebäudeteil | GT | Gebäude |
Geschoss | GS | Gebäude |
Raum | R | Geschoss |
Dazu anbei ein fiktives Beispiel zur Benennung & Bezeichnung für das „Bürogebäude Waldallee 10 in Berlin Pankow“. Die Liegenschaft besteht aus 2 Gebäuden und jeweils 3 Etagen mit 15 Räumen.
Bezeichnung | Nummerierung | Gehört zu Nummerierung |
---|---|---|
Waldallee 10 | L-WA10 | |
Gebäude A | L-GB-WA10-A | L-WA10 |
Gebäude B | L-GB-WA10-B | L-WA10 |
1. Geschoss Gebäude A | L-GB-GS-WA10-A-01 | L-GB-WA10-A |
2. Geschoss Gebäude B | L-GB-GS-WA10-B-03 | L-GB-WA10-B |
3. Geschoss Gebäude B | R | Geschoss |
Raum 12 im 1. Geschoss Gebäude A | L-GB-GS -WA10-A-01-R12 | L-GB-GS-WA10-A-01 |
Raum 6 im 2. Geschoss Gebäude B | L-GB-GS -WA10-B-02-R6 | L-GB-GS-WA10-B-02 |
Bei den Nummerierungen sind auch andere Varianten möglich.
Folgende Einflussfaktoren können die Nummerierung der räumlichen Strukturen im digitalen Zwilling beeinflussen:
- Der Objektbetreiber hat Immobilien in unterschiedlichen Regionen (Länder, Bundesländer, Städte, etc.).
- Numerische Vorgaben aus parallelen Systemen wir Abrechnungsprogramme, Mietverwaltungssysteme, o.ä. sollen die Systematik der Nummerierung beinhalten.
- Es existieren bereits Nummerierungen für unterschiedliche Gebäudetypen (Gewerbeobjekte, Wohnobjekte, Produktionsobjekte, etc.).
- u. v. m.
Wichtig ist eine einheitliche Nomenklatur, die ganzheitlich für weitere Objekte genutzt werden kann.
Sind die Objektstrukturen aufgebaut, werden diese i.d.R. mit weiteren relevanten Gebäudeinformationen erweitert.
- Flächen in m²
- Volumen in m³
- Flächenart nach DIN 277
- Eigentumsverhältnis
- Nutzungsstatus
- Bauwerkstyp
- Dacheindeckung
- Fassadenaufbau
- Bodenart
- Deckenart
- Anzahl der Arbeitsplätze
- Technische Anlagen
- Inventar
- u. v. m.
Die Vorteile von digitalen Zwillingen liegen in ihrer Fähigkeit, komplexe Systeme zu modellieren, zu überwachen, zu analysieren und zu optimieren. Dies kann zu verbesserter Effizienz, Kosteneinsparungen, besserer Vorhersagbarkeit und insgesamt zu einer optimierten Nutzung von Ressourcen führen.